Unser "Brief des Monats" geht an die Firma Grohe

Die Diskussion um die QuickFix-Strategie der Firma Grohe hat Fachverband-Hauptgeschäftsführer Wolfgang Becker dazu veranlasst, einen offenen Brief an Grohe-Geschäftsführer Alexander Zeeh zu schreiben.

Angelehnt an das "Brief der Woche"-Format des SWR1 nicht immer "bierernst", mit einem Schuss Ironie, aber auch ein paar bitteren Wahrheiten.

Lieber Herr Zeeh,

ich schreibe Ihnen einen Brief, damit Sie sich freuen. Denn ich habe das Gefühl, das haben Sie nach all dem Stress mit dem bockigen SHK-Handwerk auch dringend nötig. Die Handwerker und ihre nervigen Interessenvertreter haben Sie in den letzten Tagen doch sehr angegangen – nur wegen dieser QuickFix-Kampagne.

Gerne möchte ich mit einem Lob anfangen. Ich finde den QuickFix-Werbefilm aus Marketing-Sicht absolut gelungen. Ein süßes kleines, vielleicht siebenjähriges Mädchen baut im Handumdrehen quick und fix mit ihrer sympathischen Mutter die im Internet bestellte QuickFix-Armatur von Grohe ein, während der Heimwerker-Vater draußen in der Garage noch das gar nicht mehr notwendige Werkzeug zusammensucht. Einfach genial. Das haben auch meine Kinder verstanden. Zum Einbau dieser Armatur braucht es noch nicht einmal einen geschickten Heimwerker – geschweige denn einen ausgebildeten Handwerker. Das kann schon die kleine Tochter mit der erzieherischen Begleitung ihrer Mutter. Kinderleicht. Ich bin mir sicher, diese Botschaft versteht jeder Kunde und jede Kundin. Bitte geben Sie dieses Lob an Ihre Marketingverantwortlichen weiter. Viel besser geht es nicht, ehrlich. Der Deutsche Marketing Preis gehört schon fast Ihnen.

Zumal Sie damit noch eine weitere Fliege mit der gleichen Klappe schlagen. Der Film ist ja eigentlich auch eine phantastische Werbung für Nachwuchs im SHK-Handwerk und ergänzt sozusagen das Engagement der Firma Grohe in der Nachwuchskampagne des ZVSHK. Ganz nach dem Motto: „früh übt sich“. Das wurde in der Berichterstattung bisher völlig verkannt. Auch dafür: Danke. Gute Arbeit.

Ganz so schnell wie mit dem Einbau einer QuickFix-Armatur bin ich mit dem Brief jedoch nicht fertig. Ein klein wenig Kritik möchte ich gerne noch anbringen. Kritik an Ihnen oder Ihren Strategieexperten. Oder denen Ihres Mutterkonzern Lixil, hinter dem Sie sich im Zweifel verstecken können. Haben Sie tatsächlich beim Briefing der Werbeabteilung vergessen, diese darüber zu informieren, dass Sie Ihre Armaturen und andere Sanitärprodukte in Deutschland auch weiterhin gerne über das Handwerk verkaufen wollen?

Das SHK-Handwerk hat sich den Film nämlich auch sehr aufmerksam angeschaut und hat Ihre Botschaft verstanden. Für den Einbau von Grohe-Armaturen braucht es keinen Handwerker. Das Problem: der Handwerker entschlüsselt diese Botschaft für sich und kommt irgendwie auf eine andere Schlussfolgerung als der umworbene Endkunde: „Warum soll ich noch Grohe-Armaturen einbauen, wenn das so kinderleicht ist? Da fragt mich doch der Kunde, warum ich so dreist bin, dafür eine Handwerker-Stunde von 70 Euro abzurechnen?“
Die gleiche Botschaft mündet bei unterschiedlichen Empfängern in eine andere Schlussfolgerung. War das Ihre Absicht? Schon etwas blöd, das mit der Kommunikation, Stolperstein Sender-Empfänger-Modell und so….

Der Handwerker denkt aber noch weiter! Er fragt sich: „Will Grohe mich überhaupt noch als Partner, wenn sie doch eigentlich Werbung für meinen Konkurrenten machen?“ Sollte das bislang nicht angekommen sein: viele Handwerker empfinden den Heimwerker als Konkurrenten. Es mag hier und da die Meinung herrschen, Handwerker kommen doch wegen solch eines Kleinauftrages heutzutage sowieso nicht mehr. Auch wenn Sie das überraschen mag, viele Handwerker leben auch vom Einbau von Armaturen – und sie kommen zu ihren Kunden auch dafür, selbst wenn die Auftragslage gerade sehr gut ist.

Überrascht bin ich wiederum, dass Ihnen ein solcher Zwist mit dem Handwerk in recht kurzer Zeit ein zweites Mal passiert – oder war es bereits das dritte Mal, wenn man die Smart Serie dazuzählt? Auch mit den XXL-Trucks vor Baumärkten haben Sie zuletzt deutlich gemacht, dass Sie eigentlich der Do-it-yourself-Kunde mehr interessiert.

Dass Sie nach diesem Malheur einen Mitarbeiter für die Verbandskontakte installiert haben und sich auch für die Nachwuchswerbung der Berufsorganisation engagieren, ist anerkennenswert. Aber hat der denn den Verbandsvertretern richtig zugehört? Oder haben Sie ihm nicht richtig zugehört?

Vielleicht liegt es einfach daran, dass Sie Ihre Strategie einfach weiterverfolgen wollen wie bisher.
Verkauf über Baumärkte und Internet für den DIY-Markt. Und das Handwerk – die sogenannte Fachschiene – soll nebenbei noch bedient werden. Möglichweise habe ich auch noch die Eigenmarken des Großhandels gar nicht richtig auf dem Schirm. Die Strategie, alle zu bedienen, ist legitim, aber die Produktdifferenzierung wird dabei zunehmend schwieriger. Mir fällt dazu ein Spruch meines Managementprofessors ein: „Wer für alles offen ist, ist nicht ganz dicht.“ Sprich, man kann nicht immer alle bedienen. Manchmal muss man sich entscheiden.

Das scheint weiterhin Ihre Strategie zu sein. Zumindest habe ich das aus Ihrem Interview herausgehört, welches Sie freundlicherweise den Kollegen von SHK-TV gegeben haben. Gleiche Strategie, aber ein bisschen weniger aggressiv. Bis sich die Wogen geglättet haben. Und solange die aufgebrachten Handwerker einfach mit etwas mehr Kommunikation und mit der Professionell-Serie bei Laune halten. Aber unter Umständen habe ich als Empfänger der Nachricht auch eine andere Botschaft gehört als Sie senden wollten!?

Das SHK-Handwerk ist nicht dumm, oder wie es ZVSHK-Präsident Michael Hilpert in seinem Statement beschreibt, SHK-Handwerker sind keine „Hinterwäldler im Blaumann“. Ich will Ihnen zusichern, als Fachverband ist es nicht unsere Aufgabe, uns in die Partnerwahl unserer Mitglieder einzumischen. Aber unsere Mitglieder erwarten von uns, sie über die Strategien und das Gebaren von Marktpartnern zu informieren. Das werden wir auch in den nächsten Monaten regelmäßig machen, ganz nach dem Motto „Was macht eigentlich Quickfix?“ Wir bleiben dran. Versprochen.

Lieber Herr Zeeh,

es gäbe noch einiges zu sagen, aber wir haben beide nicht so viel Zeit. Sie müssen weiter die Heimwerker von Ihren QuickFix Produkten überzeugen. Ich kümmere mich lieber um die vielen anderen Aufgaben – die Energiewende, zum Beispiel, und die Konsequenzen fürs SHK-Handwerk. Das ist eine Herkulesaufgabe und auch da haben einige noch nicht verstanden, dass es ohne das Handwerk nicht geht. Oder aber die Vorbereitung der IFH/Intherm, der ersten wichtigen SHK-Messe seit über zwei Jahren. Vielleicht sehen wir uns ja zwischen dem 26. und 29. April 2022 in Nürnberg und können über das SHK-Handwerk und seine Befindlichkeiten fachsimpeln. Dann wird sich auch zeigen, wie viele Handwerker an Ihren Stand kommen, oder ob Sie zukünftig besser gleich mit Ihren XXL-Trucks wieder beim Baumarkt vorfahren.

Vielleicht, lieber Herr Zeeh, tun wir Ihnen aber auch komplett unrecht und Sie haben doch größeres im Sinn. Beispielsweise die Entlastung des Handwerks von kleinteiligen Armatureinbauten, damit sich die hoch qualifizierten Fachkräfte besser um die Energiewende und die Rettung der Welt kümmern können. Das wäre wirklich ein großes Missverständnis, für das wir uns demütig entschuldigen müssten.

Ich wünsche Ihnen, dass Sie im laufenden Jahr mehr Freude haben als in den ersten Wochen.

Es grüßt Sie Ihr Fan

Wolfgang Becker
Hauptgeschäftsführer Fachverband SHK Baden-Württemberg