SHK-Fachverband warnt vor „Klopapiereffekt“ bei Heizungen

Die Unsicherheit der Verbraucher bezüglich der zukünftigen Wärmeversorgung ihrer Immobilien hat in den letzten Wochen zu einem Ansturm bei den Heizungsbauern in Baden-Württemberg geführt. Der Fachverband Sanitär-Heizung-Klima Baden-Württemberg begrüßt zwar das Umdenken und die Entscheidung für den Einsatz erneuerbarer Energien, warnt jedoch davor, den Heizungstausch übers Knie brechen zu wollen.

„In den vergangenen Wochen ist die Nachfrage nach Angeboten für Heizungen auf Basis von erneuerbaren Energien radikal angestiegen“, beschreibt Hauptgeschäftsführer Wolfgang Becker die aktuelle Situation. „Das freut uns sehr, bringt die Betriebe aber an ihre Grenzen.“ Den Unternehmen tue es weh, Kunden auf später vertrösten zu müssen, aber die enorme Nachfrage könne nicht von heute auf morgen bewältigt werden. „Das ist wie beim Kauf von Klopapier im vergangenen Jahr. Alle wollen aus Angst vor einer Knappheit gleichzeitig die doppelte Menge. So etwas kann nicht gut gehen.“

Anders als beim Klopapier sieht der Verband jedoch kurzfristig echte Beschränkungen am Markt. Neben der vollen Auslastung berichten viele Installations- und Heizungsbaubetriebe derzeit von Lieferengpässen, beispielsweise bei Wärmepumpen. Ein Liefertermin in mehreren Monaten oder sogar erst in einem halben Jahr sind inzwischen nicht ungewöhnlich. Selbstverständlich tun auch die Hersteller momentan alles, um weitere Kapazitäten aufzubauen. 

Nach Einschätzung des Verbandes wird der Heizungstausch das Problem der Öl- und Erdgasabhängigkeit nicht kurzfristig lösen können. Von den rund 43 Millionen Wohnungen in Deutschland werden rund die Hälfte mit Gas und ein Viertel mit Öl beheizt. „Diese Infrastruktur wurde über Jahrzehnte aufgebaut. Selbst mit bestem Willen und beim Zusammenwirken aller Beteiligten sind die nicht in einem Jahr ausgetauscht“, so Becker. „Wir brauchen einen langfristigen und realistischen Plan.“

Entsprechend bittet der Verbandschef die Kunden um Geduld. „Wir raten dazu, den kurzfristigen Nachfrage-Boom abzuwarten und einen Heizungstausch langfristig zu planen, wenn die Hysterie wieder etwas abgeflacht ist.“ In der Zwischenzeit sollten sich Kunden selbst mit den verschiedenen Optionen und auch den möglichen Kosten befassen. Denn mit einer Wärmepumpe allein ist es meist nicht getan. Hinzu kommen zum Beispiel Aufwendungen für Speicher und Wärmeverteilung. Bei vielen älteren Gebäuden muss zunächst auch die Gebäudehülle energetisch saniert werden. „Viele Kunden sind überrascht, dass die Umstellung auf erneuerbare Energien ein Mehrfaches kostet als ein einfacher Kesseltausch. Sie springen dann nach der Angebotseinholung kurzfristig ab“, so Butz. Um dem zu begegnen und die außerordentliche Nachfrage besser steuern zu können, sind viele SHK-Betriebe zu Planungspauschalen übergegangen. Bei einem Einfamilienhaus können diese je nach Angebotsumfang schnell mehrere hundert Euro betragen.

Falsche Vorstellungen gebe es häufig, was die staatliche Förderung betreffe. Die Förderkonditionen seien aktuell sehr gut, meist müsse der Kunde jedoch trotzdem mehr als die Hälfte allein tragen. Trotz der insgesamt deutlich höheren Kosten rät der Verband, die Umstellung auf Erneuerbare langfristig vorzunehmen, wenn dies möglich ist. Becker rät: „Betrachten Sie dies als Investition, die sich je nach Entwicklung der Energiepreise durchaus nach einigen Jahren rechnet.“ Das Handwerk sieht sich ohnehin als langfristiger Akteur, der für Nachhaltigkeit steht.

Um CO2 zu sparen und die Abhängigkeit von russischen Energieimporten zu reduzieren, empfehlen die Experten des Fachverbandes als schnell umsetzbare Möglichkeit, die Heizungsanlage zu optimieren. Dies ist beispielsweise durch einen hydraulischen Abgleich, den Einbau einer Hocheffizienzpumpe, die Dämmung der Heizungsrohre oder den Einbau großflächigerer Heizkörper realisierbar. All diese Maßnahmen steigern die Effizienz der vorhandenen Heizungsanlage. Es wird Energie und CO2 eingespart und so der Geldbeutel auf Dauer geschont, ohne gleich zigtausende von Euro investieren zu müssen.

Eine erhöhte Nachfrage erfahren nicht zuletzt die Wärmepumpenschulungen, die der Fachverband seit Jahren in seinem Weiterbildungsprogramm anbietet. Zwar sei die Wärmepumpentechnik bereits Teil der Ausbildung, jedoch müssten nun Fachkräfte, die jahrzehntelang Öl- und Gasheizungen eingebaut haben, entsprechend nachqualifiziert werden, erläuterte Becker.


HINTERGRUNDINFORMATIONEN
Im Fachverband Sanitär-Heizung-Klima (SHK) Baden-Württemberg sind 46 Innungen mit rund 3.200 organisierten Handwerksbetrieben des Installations- und Heizungsbaus, der Klempnerei, des Ofen- und Luftheizungsbaus sowie des Behälter- und Apparatebaus zusammengeschlossen. Als Berufsorganisation vertritt der Fachverband die fachlichen und wirtschaftlichen Interessen der Mitgliedsbetriebe gegenüber Staat, Herstellern, Großhandel und Versorgungsunternehmen. Mehr als 5.000 Lehrlinge werden Baden-Württemberg weit in den vier Berufen derzeit ausgebildet.