Analyse der Woche: GEG-Leak

"Vergangene Woche wurden wir alle Zeuge einer spannenden Aufführung politischer Kommunikation", sagt Fachverband-Hauptgeschäftsführer Wolfgang Becker. Und spricht vom "Schauspiel über den Tod der Ölheizung".

"Schon ab 2024 - Habeck will Öl- und Gasheizungen verbieten", lautete Anfang der Woche die Titelschlagzeile der Zeitung mit den vier großen roten Buchstaben. Und trat damit eine breite Empörungswelle los. Alle wichtigen Medien berichteten, teilweise mit Bezug auf die Bildzeitung, teilweise auch selbst informiert über den Referentenentwurf des Gebäudeenergiegesetzes (GEG).  

In einigen Fällen wurde der Anschein erweckt, der Entwurf des GEG wurde geleakt, der Bildzeitung also unabgestimmt zugespielt.  

Auch Verbänden, wie dem ZVSHK, wurde der in der Koalition (Bundesregierung) noch nicht final abgestimmte Referentenentwurf zugespielt. Zuvor waren offensichtlich verschiedene andere Kreise über den Entwurf informiert worden.  

Zumindest die Geschichte, der Entwurf sei unbeabsichtigt in die Öffentlichkeit gelangt, kann man mit großer Skepsis betrachten. Entsprechend naiv wäre es zu glauben, dass den Protagonisten in den Ministerien die Konsequenzen dieser Veröffentlichung und die zu erwartende Debatte nicht bewusst waren. Im Gegenteil. Man kann der Politik inhaltlich fachliche Defizite vorwerfen, aber im Bereich der politischen Kommunikation sollte man auch nicht ausschließen, dass die Form der Veröffentlichung bewusst gewählt wurde, um damit eigene politische Ziele zu erreichen. Mit anderen Worten: Der Stein könnte auch bewusst in dieser Form ins Wasser geworfen worden sein, um zu sehen, welche Wellen die geplanten Änderungen des GEG erzeugen. Oder als politische Verhandlungsmasse gegenüber der kurzfristig aufgetretenen Verhinderung des Aus für den Verbrenner auf EU-Ebene.   

Das Ganze hat perfekt funktioniert. Der Bildzeitungsschlagzeile schlossen sich für eine Woche die entsprechenden Entrüstungsmechanismen an. Es lohnt kaum, hier ins Detail zu gehen. Während die Einen sich als Klimaschützer mit möglichst harter Vorgehensweise profilieren konnten, konnten Andere sich als „Beschützer des kleinen Mannes und der kleinen Frau“ profilieren, als Verhinderer allzu scharfer Verbote. Politische Parteien, Verbände aber auch die um Aufklärung bemühten Medien - alles Gewinner in einer um Schlagzeilen und öffentliche Aufmerksamkeit bemühten Welt.  

Erfreulicher Nebeneffekt: Selten standen das Gebäude und seine Form der Beheizung so sehr im Mittelpunkt der Berichterstattung wie in der vergangenen Woche.

Zugegeben, es gab auch Verlierer: Die verunsicherten Kunden und Bürger, die nun riesige Angst haben, ob sie ihr Haus oder ihre Wohnung zukünftig überhaupt noch beheizen und bezahlen können. Tausende SHK-Betriebe, die sich vor Anrufen verängstigter Bürger nicht retten konnten, und dabei nicht eine einzige klimafreundliche Heizung mehr verkauft oder gar eingebaut haben. Ob das die Begeisterung der Branche für den anstehenden Transformationsprozess erhöht hat, darf bezweifelt werden. Untergegangen sind auch manche Änderungen im GEG, die von der Branche durchaus positiv bewertet werden und es bedarf zusätzlicher Anstrengungen, dies wieder einzufangen. Insofern ist auch das Gebäudeenergiegesetz an sich ein Verlierer. „Kollateralschäden“ hätte man diese unerwünschte Nebenerscheinungen in weniger kriegerischen Zeiten genannt. Anders gesagt: kein Glanzstück politischer Kommunikation.  

Wie geht es nun weiter?  

Dank des "geleakten" und noch nicht final abgestimmten Entwurfs ist es für die Koalition kein Problem, ohne großen Gesichtsverlust tatsächlich noch kleinere Änderungen vorzunehmen. Um den Koalitionsfrieden zu erhalten, ist es auch möglich, einem oder mehreren Koalitionspartnern einen kleinen oder größeren Verhandlungserfolg zuzugestehen.

Bis die Bundesregiering den offiziellen und abgestimmten Entwurf veröffentlicht, was zeitnah passieren wird, ist der erste Hype abgeklungen. Der zweite Gegenwind wird bereits weniger heftig ausfallen. Im offiziellen Anhörungsverfahren und den darauffolgenden Beratungen in den Ausschüssen und im Parlament wird dann (hoffentlich) unter Einbindung von Experten dem Gesetz noch ein Dreh gegeben, wie es vor Ort in der Praxis überhaupt umsetzbar ist.

Kommt es dazu nicht in ausreichendem Maße, fällt das Gesetz den Verantwortlichen noch in dieser Legislaturperiode auf die Füße, was nicht im politischen Interesse ist. Vielleicht braucht es am Ende doch noch das Machtwort des Bundeskanzlers, um das Gesetz zu verabschieden. Möglicherweise gehören manche Regelungen auch zu einem "Gesamtpaket" mit anderen Themen wie dem europäischen Verbrenner-Verbot, bei dem das Ergebnis des politischen Basars noch nicht vorhersehbar ist.

Eine Entscheidung über das Gebäudeenergiegesetz wäre zeitnah dringend nötig. Das SHK-Handwerk hätte eigentlich schon gestern wissen müssen, unter welchen Rahmenbedingungen es die Heizung seiner Kunden ab 01.01.2024 planen muss. Denn angesichts von Lieferfristen von teils mehr als 12 Monaten wurden manche Heizungen für den Einbau ab Januar 2024 bereits in den letzten Wochen und Monaten geplant und bestellt. Will man die Betriebe nach der kurzfristigen Änderung der Förderpolitik im Januar und im Sommer 2022 nicht ein weiteres Mal vor den Kopf stoßen, ist eine Verschiebung des Starttermins mindestes auf 01.07.2024 alternativlos.

War`s das dann?  

Sicher nicht. Kann sein, dass die Aufführung mehrmals in die Verlängerung geht. Auf jeden Fall wird das nächste Schauspiel parallel schon vorbereitet. Und wir können uns auf die Vorführung freuen.

Nachschlag 1 

Wesentliche Eckpunkte des geplanten Gebäudeenergiegesetzes 2024, wie die 65-Prozent Erneuerbare-Energien-Regel inklusive des geplanten De-Facto-Einbauverbots sind schon seit fast einem Jahr bekannt. Der Fachverband hat seitdem hierüber schriftlich und mündlich mehrfach berichtet. Im Laufe des vergangenen Jahres war der Fachverband SHK BW wie auch der ZVSHK in Vorberatungen zum GEG eingebunden und konnte seine Expertise einbringen. Sobald der finale Gesetzesentwurf vorliegt, werden sich die Verbände sachlich, im Interesse einer realistischen Umsetzbarkeit weiter einsetzen.     

Nachschlag 2

Bei der Mitgliederversammlung im Jahr 2021 haben die Delegierten einstimmig das Strategiepapier Klimaschutz 2021 des Fachverbandes verabschiedet. Es zeigt, dass die zu erwartende Grundausrichtung der politischen Rahmenbedingungen (wie ein Einbauverbot der Ölheizung) noch deutlich vor der Bundestagswahl 2021 vorhersehbar war. Der Fachverband hat seine Mitglieder sowohl kommunikativ vorbereitet, damit denen die eigene Betriebsausrichtung auf die zukünftigen Rahmenbedingungen ermöglicht wird. Durch das Angebot von Wärmepumpenschulungen seit 2021 hilft der Fachverband den Innungsfachbetrieben, sich für die fachgerechte Planung und den Einbau von Wärmepumpen noch besser zu qualifizieren. Zu den aktuellen Seminaren geht´s hier:  www.fvshkbw.de/aus-und-fortbildung/seminare